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Newsletter – Sonderausgabe Corona

A. Einleitung

Der Bundestag hat dem Gesetz, mit dem der Gesetzgeber breitgefächert existenzielle Coronavirusfolgen abwenden will, zugestimmt. Das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie“ bringt massive gesetzliche Änderungen u. a. im Zivilrecht, Insolvenzrecht sowie im Strafverfahrensrecht. Das Gesetz tritt zum 01.04.2020 in Kraft und beinhaltet in Bezug auf das Wohnungseigentums- und Mietrecht im Wesentlichen folgende Besonderheiten:

B. Regelungen zum Wohnungseigentumsrecht

Aufgrund der durch die COVID-19-Pandemie ausgelösten Situation ist die Durchführung von Eigentümerversammlungen derzeit vielfach nicht möglich. Insbesondere bei größeren Gemeinschaften ist die Zusammenkunft der Eigentümer häufig schon aufgrund behördlicher Anordnungen nicht gestattet. Auch stehen vielerorts geeignete Räumlichkeiten nicht zur Verfügung. Zudem kann es den Eigentümern wegen der damit verbundenen Gesundheitsrisiken unzumutbar sein, an einer Eigentümerversammlung teilzunehmen.

1. Verlängerung des Bestellungszeitraumes

Das Gesetz sieht vor, dass der zuletzt bestellte Verwalter bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt bleibt. Dadurch werden die durch den Bestellungsbeschluss sowie durch die Höchstfristen des § 26 Absatz 1 Satz 2 WEG festgesetzten Begrenzungen der Amtszeit zeitweise außer Kraft gesetzt. Die Vorschrift gilt sowohl für den Fall, dass die Amtszeit des Verwalters zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift bereits abgelaufen ist, als auch für den Fall, dass sie erst danach abläuft.

2. Wirtschaftspläne

Daneben sieht das Gesetz vor, dass der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans fort gilt. Damit wird die Finanzierung der Gemeinschaft auch in den Fällen sichergestellt, in denen eine Fortgeltung des Wirtschaftsplans nicht beschlossen wurde.

Die Verpflichtung zur Zahlung des Wohngeldes bleibt unverändert bestehen. Selbst wenn vermietende Wohnungseigentümer Probleme mit ihren Mietern haben sollten, weil diese die Zahlung der Miete wegen der COVID-19-Pandemie eingestellt haben, rechtfertigt dies in wohnungseigentumsrechtlicher Hinsicht nicht, die eigenen Wohngeldzahlungen zurückzustellen. Insbesondere ist der Verwalter dazu gehalten, auch auf eine Gleichbehandlung zwischen vermietenden und selbstnutzenden Eigentümern zu achten.

Über die Jahresabrechnung ist dagegen zu beschließen, sobald die Eigentümerversammlung wieder zusammentreten kann.

3. Sonstiges

Mangels Eigentümerversammlungen werden die gesetzlichen Regelungen des § 27 WEG stärker in den Mittelpunkt gerückt, wonach der Verwalter ohne Beschluss die laufenden Maßnahmen der ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung sowie Notmaßnahmen treffen darf. Insbesondere der Begriff der Notmaßnahmen könnte jetzt größere Bedeutung erlangen, indem auch Instandsetzungsmaßnahmen vom Verwalter in Auftrag gegeben werden könnten, für die in „normalen“ Zeiten noch eine Eigentümerversammlung durchführbar gewesen wäre. Ob dies im Einzelfall in Betracht kommt, setzt allerdings immer eine umfassende Wertung der gesamten Umstände voraus.

C. Regelungen zum Mietrecht

Die Regelungen sichern Mieter von Grundstücken sowie von zu privaten oder gewerblichen Zwecken angemieteten Räumen für einen bestimmten Zeitraum der COVID-19-Pandemie (01.04.2020 bis 30.06.2020) ab, in welchem sie den Verlust der Mietsache befürchten müssten, wenn sie vorübergehend die fälligen Mieten nicht fristgerecht zahlen können. Hierdurch soll verhindert werden, dass die zu erwartenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen dazu führen, dass Mieter die Wohnräume und Gewerbetreibende die angemieteten Räume und Flächen und damit die Grundlage ihrer Erwerbstätigkeit verlieren.

1. Kündigungsausschluss

Leistet ein Mieter von Räumen oder Grundstücken die im Zeitraum vom 01.04.2020 bis zum 30.06.2020 fällige Miete ganz oder teilweise nicht, so darf der Vermieter das Mietverhältnis wegen dieser Rückstände nicht kündigen, wenn diese Rückstände auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Derartige Mietrückstände stellen weder einen wichtigen Grund zur außerordentlichen fristlosen Kündigung dar noch folgt aus ihnen ein berechtigtes Interesse zur ordentlichen Kündigung auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Wohnraummietverhältnisse. Beruht die Nichtleistung der Miete durch den Mieter auf anderen Gründen, z. B. weil er zahlungsunwillig ist oder seine Zahlungsunfähigkeit andere Ursachen als die COVID-19-Pandemie hat, ist die Kündigung dagegen nicht ausgeschlossen. Auch auf sonstige Kündigungsgründe (z. B. Eigenbedarf) erstreckt sich die Beschränkung des Kündigungsrechts nicht.

2. Obliegenheit des Mieters

Es obliegt dem Mieter, den Zusammenhang zwischen der COVID-19-Pandemie und der Nichtleistung der Miete glaubhaft zu machen. Er muss Tatsachen darlegen, aus denen sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass seine Nichtleistung auf der COVID-19-Pandemie beruht. Zur Glaubhaftmachung kann sich der Mieter entsprechender Nachweise, einer Versicherung an Eides Statt oder sonst geeigneter Mittel bedienen. Geeignete Mittel können insbesondere der Nachweis der Antragstellung bzw. die Bescheinigung über die Gewährung staatlicher Leistungen, Bescheinigungen des Arbeitgebers oder andere Nachweise über das Einkommen bzw. über den Verdienstausfall sein. Mieter von Gewerbeimmobilien können darüber hinaus den Zusammenhang zwischen der COVID-19-Pandemie und der Nichtleistung z. B. mit dem Hinweis darauf glaubhaft machen, dass der Betrieb ihres Unternehmens im Rahmen der Bekämpfung des SARS-CoV-2-Virus durch Rechtsverordnung oder behördliche Verfügung untersagt oder erheblich eingeschränkt worden ist (z. B. Hotels und Gaststätten).

Hinweis: Sollte sich ein Mieter auf die Nichtzahlung der Miete wegen der COVID-19-Pandemie berufen, so sollte dieser zunächst unter Fristsetzung aufgefordert werden, den Zusammenhang mit dieser Pandemie glaubhaft zu machen und dazu auch aussagekräftige Unterlagen/Nachweise vorzulegen. Kommt der Mieter dieser Aufforderung nicht nach, käme eine Abmahnung in Betracht, eventuell sogar sich eine daran anschließende Kündigung des Mietverhältnisses.

3. Vereinbarungen mit dem Mieter

Zum Nachteil des Mieters kann von den vorstehend angeführten Regelungen nicht abgewichen werden. Etwaige entgegenstehende vertragliche Vereinbarungen sind unwirksam.

Umstritten ist derzeit insbesondere die Frage, ob dem Gewerbemieter aufgrund behördlich angeordneter Schließungen bzw. Beschränkungen des Geschäftsbetriebes Minderungsrechte zustehen. Bisher wird dies in „Juristenkreisen“ überwiegend verneint. Aber es hat einen Fall wie die COVID-19-Pandemie bisher noch nicht in Deutschland gegeben. Es erscheint daher nicht völlig ausgeschlossen, dass Gerichte im Streitfall von einer sogenannten Störung der Geschäftsgrundlage ausgehen und dem Mieter Minderungsrechte zugestehen werden. Denn immerhin ist diese Pandemie weder für den Vermieter noch für den Mieter irgendwie beherrschbar. Aus diesem Grund sollte gerade bei langfristigen Gewerberaummietverträgen versucht werden, eine Einigung mit dem Mieter zu suchen. Der Abschluss solcher Vereinbarungen, welche letztendlich auch dem Fortbestand des Mietverhältnisses dienlich sind, sollte auf Vermieterseite allerdings nicht ohne juristische Hilfe erfolgen. Denn mietvertragliche Zusatzvereinbarungen, wenn auch von dem guten Willen des Vermieters getragen, können zu einer Aufhebung der gemäß § 550 BGB einzuhaltenden Schriftform führen. Die Folge hiervon wäre, dass die vertraglichen Festschreibungen der Mietzeit in Wegfall geraten und der Mietvertrag nunmehr von dem Mieter jederzeit unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden könnte. Mailkorrespondenz und auch der einfache Schriftverkehr erfüllen diese Schriftform nicht.

4. Zahlungsverpflichtung

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der Mieter trotz des Kündigungsausschlusses zur Zahlung der Miete zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt verpflichtet bleibt. Kommt der Mieter seiner Zahlungsverpflichtung nicht nach, kann der Vermieter daher die nicht gezahlte Miete nebst Verzugszinsen auch schon vor dem 30.06.2022 gerichtlich geltend machen.

5. Geltungsdauer

Die vorstehenden Regelungen sind nur bis zum 30.06.2022 anwendbar. Dies bedeutet, dass wegen Zahlungsrückständen, die vom 01.04.2020 bis zum 30.06.2020 eingetreten und bis zum 30.06.2022 nicht ausgeglichen sind, nach diesem Tag wieder gekündigt werden kann. Damit haben Mieter vom 30.06.2020 an zwei Jahre Zeit, einen zur Kündigung berechtigenden Mietrückstand auszugleichen.

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Bundesregierung ermächtigt ist, ohne Zustimmung des Bundesrates die Kündigungsbeschränkungen auch auf Zahlungsrückstände zu erstrecken, die im Zeitraum vom 01.07.2020 bis zum 30.09.2020 entstanden sind. Zudem kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundestages und ohne Zustimmung des Bundesrates die Fristen auch über den 30.09.2020 hinaus verlängern. Ob es zu einer Verlängerung kommen wird, bleibt abzuwarten.

 

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